Nach dem ungewöhnlich kalten April bringt der Mai Temperaturen, bei denen man gerne das Klingeln vom Eismann hört oder sich für den kalten Genuss gleich in die nächste Eisdiele begibt. Speiseeis ist heute in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen erhältlich, und Alle lieben wir die auf der Zunge schmelzende Köstlichkeit. Aufgrund moderner Kühltechnik ist ein leckeres Eis so gut wie immer und überall verfügbar. Zu Beginn war Schlemmer-Eis dagegen eine exotische und sehr schnell vergängliche Delikatesse.
Alexander der Große und die Cäsaren schworen darauf
Speiseeis ist der Menschheit mindestens seit gut 2.500 Jahren bekannt. Alexander der Große (356 – 322 v. Chr.) war nicht nur ein legendärer Eroberer, sondern offenbar auch ein großer Fan von Wassereis. Der legendäre Arzt Hippokrates (460 – 370 v. Chr.), der die Entwicklung der Medizin als Wissenschaft maßgeblich prägte, schwor sogar darauf als schmerzlinderndes Mittel. Wer möchte dieser Koryphäe da schon widersprechen?
Die erste bekannte schriftliche Erwähnung von Speiseeis ist sogar noch etwas älter und stammt von einem weiteren Griechen, dem Dichter Simonides von Keos (557 –468 v. Chr.): Ihm zufolge bestand das Rezept aus Schnee aus dem Gebirge, der mit verschiedenen Zutaten wie Früchten oder Honig zu einer Art Sorbet vermischt wurde.
Sicher weiß man auch von den römischen Cäsaren, dass sie sich – mit enormem logistischem Aufwand – Gebirgsschnee kommen ließen, aus denen ihre Köche dann bereits sehr raffinierte Rezepte bereiteten. In China war Eis in Form von Reispudding und gefrorener Milch spätestens seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. bekannt, vermutlich wurden im Reich der Mitte aber bereits sehr viel früher ähnliche Kaltspeisen zubereitet.
Neue Anstöße aus dem Orient
In der mittelalterlichen Küche Europas scheint Speiseeis zunächst keine Rolle mehr gespielt zu haben. Erst im Rahmen der Kreuzzüge kamen die Europäer über Araber und Türken wieder damit in Kontakt: Der Begriff Sorbet leitet sich direkt vom türkischen Wort „serbet“ ab. Gemeint damit war aber zunächst ein gesüßtes Kaltgetränk aus Wasser und Zitronen. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich daraus die heute bekannte Form als halb gefrorene Kaltspeise.
Der Asienreisende Marco Polo brachte im ausgehenden 13. Jahrhundert Salpeter (Kaliumnitrat) aus China mit. Der als „chinesischer Schnee“ bekannte Stoff löste eine ganze Reihe von technischen Innovationen in Europa aus. Die meisten Menschen dürften Schießpulver und Waffen damit assoziieren. Aber es war auch die Grundlage für (in Europa) völlig neue Kühltechniken, bei denen endotherme chemische Reaktionen genutzt wurden, um der Umgebung Wärmeenergie zu entziehen. Mit Salpeter-Wasser-Mischungen lassen sich Temperaturen unter dem Gefrierpunkt erreichen. Dies ist deutlich bequemer, als im Winter tonnenschwere Eisblöcke aus einem See zu brechen und mittels Pferdegespann in einen Keller zu verfrachten; für längere Zeit blieb letzteres allerdings immer noch die vorherrschende Kühlmethode.
Die Innovation ebnete dem Speiseeis den Weg, zunächst in Marco Polos Heimat Italien, wo es schnell wieder beliebt wurde. Von dort aus eroberte es – als immer noch kostspielige Delikatesse – die Höfe der europäischen Herrscher. In Deutschland beschreibt ein in Altdorf nahe Nürnberg entstandenes Kochbuch Ende des 16. Jahrhunderts erstmals die Herstellung von eisgekühltem Milchrahm.
Technische Verbesserungen
Vom relativ einfachen Wassereis bis zu Eiscreme, wie wir sie heute lieben, war es noch ein weiter Weg. Deren cremige Konsistenz wird hauptsächlich durch ständiges Umrühren während des Gefriervorganges erreicht. Spätestens zum Ende des 18. Jahrhunderts aber war diese Technik bekannt und verbreitet. Die erste Eismaschine wurde 1843 in den USA patentiert und funktionierte mit einer Handkurbel, was die Herstellung von Eiscreme deutlich erleichterte. Zur Aufbewahrung verwendet man zunächst Eisschränke, in die kiloschwere, industriell erzeugte Eisklötze eingelagert wurden, die den Schrank für einige Tage kalt hielten – bis der Eismann neue brachte. Die ersten elektrisch betriebenen Kühl- und Gefrierschränke kamen in den dreißiger Jahren auf – wiederum in den USA. Als in der Nachkriegszeit die Massenproduktion dieser Haushaltsgeräte sie für die Massen erschwinglich machte, war auch das Lagerproblem (nicht nur für Eis) gelöst.
Revolutionäres Konzept: Die Eiswaffel als essbare Verpackung
Die kurz nach 1900 eingeführten Eiswaffel in Hörnchenform mutet geradezu als revolutionär an: Nicht nur die enthaltene Speise selbst ist verzehrbar, sondern auch die Verpackung, in der sie dem Kunden ausgehändigt wird. Das ist in dem Fall nicht nur lecker, sondern im Straßenverkauf vor allem auch hygienischer als die vormals verwendeten Mehrweg-Gläser: An den damals üblichen, handgezogenen Eiswägelchen ließen Letztere sich nicht ausreichend reinigen. Möglicherweise wäre der Eisverkauf an der Straße sogar komplett von Gesundheitsbehörden verboten worden, hätten die Eisverkäufer die Hygienemängel nicht in den Griff bekommen.
Softeis – eine beiläufige Entdeckung
Eine eher zufällige Entdeckung führte in den 1930 Jahren auch wieder in den USA zur Entwicklung von Softeis: Wurde die Kühlkette versehentlich unterbrochen, versuchten die Eisverkäufer so schnell wie möglich, die Ware noch an den Mann zu bringen, bevor sie abgeschrieben werden musste. Zu ihrer Verblüffung stellten sie dabei fest, dass sich das angetaute Speiseeis sehr gut verkaufen ließ. Offenbar mochten die Verbraucher besonders weiches Eis auch besonders gern: Der menschliche Geschmacksinn funktioniert bei Speisen, deren Temperatur nur etwas unter dem Gefrierpunkt liegt (bei Softeis: - 6 °C) besser als bei den für normales Speiseeis üblichen minus 18 °C.
Etwa ein Jahrzehnt später wurde mit der Entwicklung spezieller Rührmaschinen die Grundlage für die Massenproduktion von Softeis geschaffen. Durch ständiges Umrühren und Einblasen von Luft wird charakteristische geschmeidige Konsistenz erzeugt, die wir heute mit Softeis verbinden.
Eis für jeden Geschmack
Industrielle Entwicklungen wie diese und die verbesserten Lagermöglichkeiten führten zu einer weiteren Popularisierung von Speiseeis. Die Zeiten, in denen es ein exklusives Genussmittel für privilegierte Eliten war, sind zu diesem Zeitpunkt zumindest in den entwickelten Ländern längst vorbei. Eis, ob nun am Stiel, im Becher oder in der Waffel, ist ab Mitte des 20. Jahrhunderts ein Alltagsgut, das nahezu rund um die Uhr an jeder Tankstelle verfügbar ist.
Entsprechend hat sich eine kaum mehr zu überblickende Sortenvielfalt herausdifferenziert. Hier sind ein paar Beispiele:
Gelato
Die italienische Variante von Eis hat eine cremigere und dichtere Textur, weil es weniger Luft enthält und bei niedrigeren Temperaturen serviert wird. Es hat weltweit an Popularität gewonnen. Diese Art von Eis ist bekannt für seine intensiven Geschmacksrichtungen und wird oft aus frischen, natürlichen Zutaten hergestellt.
Frozen Yogurt
Frozen Yogurt stellt die fettärmere und damit gesündere Alternative zu Eiscreme dar und erlebte seinen Boom in den 1980er Jahren. Heute bieten zahlreiche Frozen Yogurt-Ketten eine ähnliche breite Palette an Toppings und Geschmacksrichtungen wie herkömmliche Eiscreme.
Veganes Eis - Die Nachfrage nach veganem Eis stieg durch das wachsende Bewusstsein für vegane und pflanzenbasierte Ernährung. Es wird aus pflanzlichen Alternativen hergestellt und steht dem traditionellen Milcheis in nichts nach.
Exotische Geschmacksrichtungen – Tomate und Basilikum statt klassischem Schoko-Vanille-Erdbeere nach Fürst Pückler Art? Spektakulärer geht immer: Haben Sie schon mal Blaukäse-Birne-Eis probiert? Oder Wasabi, das die Schärfe von japanischem Meerrettich mit der Frische von Eiscreme kombiniert? Der Fantasie der Hersteller sind offenbar keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, neue Kunden für ihre Eiskreationen zu begeistern.
Handwerkliches Eis – Natürlich muss es nicht immer ausgefallen oder exotisch sein. Vielleicht setzt Ihre Eisdiele auch einfach nur auf Qualität, die für sich spricht: hochwertige, natürliche Zutaten und traditionelle Herstellungsmethoden. Gegenüber der industriellen Massenproduktion bietet das ein einzigartiges Geschmackserlebnis.