Pappbecher – Eine Bilanz
Der Kaffee To Go auf dem Weg zur Arbeit ist aus dem Alltag vieler Menschen kaum mehr wegzudenken – schnell und bequem ist das Heißgetränk zum Mitnehmen. Die dabei benutzten Einweg-Becher geraten jedoch wegen der negativen ökologischen Auswirkungen zunehmend in die Kritik. Seit 1. Januar 2023 müssen To-Go-Anbieter deshalb ihre Waren deshalb auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Nach dem Willen der EU-Kommission sowie der nationalen Regierungen soll Mehrweg in Zukunft der Königsweg sein.
Bei der Erfindung des Trinkbechers aus Pappe waren zunächst hygienische Gründe maßgeblich. In den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren gemeinsam benutzte Schöpfkellen und -becher an Wasserspendern in öffentlichen Einrichtungen wie zum Beispiel Schulen oder in Zügen weit verbreitet. Zunächst machte man sich wenig Gedanken über die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. 1908 aber schreckte ein reichlich reißerisch mit „Death in School Drinking Cups“ („Tod aus dem Schul-Trinkbecher“) betitelter, aber auf einer wissenschaftlichen Untersuchung fußender Artikel zuerst die Fachwelt und dann die amerikanische Politik auf. Verbote gemeinschaftlicher Trinkgefäße durch die einzelnen Bundesstaaten folgten und ebneten damit den Weg für den Siegeszug des Pappbechers. Die Entwicklung wurde weiter beschleunigt durch das Auftreten der „Spanischen“ Grippe nach dem Ersten Weltkrieg.
Der erste (moderne) Pappbecher war bereits im Jahr 1907 vom Erfinder Lawrence Luellen entwickelt worden. Seinen Auftraggebern schwebte zunächst ein flach gefaltetes Papier vor, das erst im Verkaufsautomaten zu einem Becher geformt werden sollte. Luellen erkannte aber, dass der Trinkbecher nur in fertiger Form erfolgreich sein würde. Die ursprünglichen Becher bestanden aus gefalteten runden Papierbögen, die mit Paraffin abgedichtet waren. Zunächst wurden sie unter dem Namen „Health Cup“ vertrieben, bevor sie unter dem Namen „Dixie Cup“ so populär wurden, dass sie für lange Zeit den Namen für die gesamte Gattung Pappbecher prägten. Innerhalb derer wurden die Modelle immer zahlreicher. Bereits in den 1930er Jahren existierten zahlreiche Pappbecher, die nicht mehr nur für Trinkwasser verwendet wurden, sondern auch für Heißgetränke.
Soweit bekannt, wurde der erste Coffee-to-go 1964 in New York ausgeschenkt, allerdings waren die dafür verwendeten Einwegbecher aus Kunststoff. In seiner heutigen Form brachte ihn das Unternehmen Starbucks ab Mitte der 1980er Jahre nach Deutschland, wo er heute aus der Alltagskultur kaum mehr wegzudenken ist: Rund drei Milliarden Einwegbecher werden laut Bundes-Umweltministerium in Deutschland jährlich für Heißgetränke verbraucht. Der Kaffee zum Mitnehmen prägt heute das Bild von öffentlichen Plätzen, Verkehrsmitteln und Veranstaltungen – allerdings auch im Negativen, denn zahlreiche achtlos weggeworfene Becher und andere leere Einweg-Verpackungen verschandeln das Stadtbild und belasten die Umwelt.
Besonders in die Kritik geraten sind Gefäße aus Plastik, nachdem erste Berichte von im Pazifik treibenden Inseln aus Plastikmüll in der Größe von Bundesländern die Runde machten. Der schwimmende Müll bedroht die Ökosysteme in den Ozeanen. Werden die Plastikteile verschluckt, können die betroffenen Lebewesen daran verenden. Sogenanntes Mikroplastik, also mikroskopisch fein zerriebene Plastikpartikel, reichern sich in der Nahrungskette an und gefährden so auch schließlich die Gesundheit des Menschen.
Das macht auch moderne Pappbecher aus Sicht von Umweltschützern problematisch: Damit diese nicht durchweichen, ist die Innenseite mit einer dünnen Schicht überzogen, zumeist aus dem Kunststoff Polyethylen. Zudem ist die Herstellung energieintensiv und verbraucht Chemikalien sowie den Rohstoff Holz. Zwar ist dieser nachwachsend, kann aber nur aus unseren Wäldern gewonnen werden. Ein Einsatz von Recycling-Papier verbietet sich bei Bechern und anderen Verpackungen mit direktem Kontakt zu Lebensmitteln bereits aus hygienischen Gründen. Für die Hersteller führt deswegen kein Weg an Frischfasern vorbei.
Allerdings ist natürlich auch der Einsatz von Mehrwegbechern und -geschirr mit erheblichen ökologischen Nachteilen verbunden. Ihre Produktion verbraucht weit mehr Energie und andere Ressourcen als die von Einweggeschirr. Die verwendeten Materialien müssen langlebiger sein, zum Beispiel Metalle oder Glas. Das bedeutet, dass die Ökobilanz erst dann besser ausfällt, wenn das Produkt auch tatsächlicher viel öfter benutzt wird als sein Einweg-Pedant; bei Trinkbecherbechern Berechnungen zufolge 20- bis 100-mal, je nach verwendetem Rechenmodell. Zu berücksichtigen dabei ist der Energie-, Wasser- und Chemikalienverbrauch bei jeder Reinigung. Diese entfällt beim Einwegprodukt, und auch der Rücktransport zur Entsorgung/ Wiederaufbereitung kostet aufgrund des viel höheren Gewichtes bei Mehrweg deutlich mehr Energie. Jede Vergleichsrechnung beinhaltet zudem mehrere Unbekannte, die nur z.B. anhand von Erfahrungswerten grob geschätzt werden können, z.B. wie oft ein Mehrwegbecher wiederbenutzt wird, bevor er zerstört wird oder abhandenkommt.
Durch den Einsatz fortschrittlicher – derzeit noch teurer – Materialien wie Zuckerrohr („Bagasse“) ließe sich der ökologische Fußabdruck von Einwegverpackungen in Zukunft sicherlich weiter verringern. Ebenso könnte man die Organisation von Rückgabe und Recycling gebrauchter Einweg-Leerverpackungen optimieren. Bei Getränkedosen und -flaschen führte beispielsweise die anfangs belächelte Einführung eines Pfandsystems zu einer schlagartigen Reduktion von in Parks und Wäldern weggeworfenem Müll.
Letztendlich ist es aus heutiger Sicht eine Frage der Gewichtung, wie die unterschiedlichen Vorteile von Einweg und Mehrweg künftig bewertet werden sollen. Zumindest als Technologie des Übergangs wird der Einweg-Pappbecher uns aber wohl noch eine Reihe von Jahren begleiten.
Text: Pack & Cup Großhandel GmbH